Notre-Dame du Nil
Regie: Atiq Rahimi, Frankreich/Belgien/Ruanda 2019, 93 min, OmeU (Französisch), noch keine FSK
Filmreihe: Tage des indigenen Films
Ruanda 1973: Hoch oben in den Bergen, an einer der Quellen des Nils behütet eine schwarze Marienfigur ein katholisches Mädcheninternat. Die Tage sind ausgefüllt mit Unterricht, Gottesdienst und praktischer Arbeit. Hier werden die Töchter von Politikern, Militärs und Geschäftsleuten ausgebildet; sie sollen später zur Elite des Landes gehören. In ihrem Lebenshunger, ihren Träumen und ihrer Ausgelassenheit sind die Mädchen sich ähnlich, egal ob Hutu oder Tutsi. Doch im Mikrokosmos der Schule und in den immer schärfer werdenden Auseinandersetzungen spiegeln sich die Verheerungen einer kolonialen Ordnung.
Eine Quote schreibt bereits vor, dass in diesem religiösen Internat eine Minderheit von Tutsi (10%) aufgenommen werden muss, die von ihren Mitschülern als »Inyenzi«, »Kakerlaken«, bezeichnet werden und die ein etwas aufgedrehter weißer Nachbar namens Fontenaille für die Nachfahren des Reichs der schwarzen Pharaonen hält. Er will sie porträtieren, bevor es zu spät ist. In seinem Film entscheidet sich Atiq Rahimi meistens für schöne Bilder, womöglich um die Zerbrechlichkeit dieses bedrohten Paradieses zu zeigen. Im Vorfeld des Horrors breitet sich unter den Tutsi-Mädchen des Internats allmählich Angst aus. Darunter Virginia, die Doppelgängerin der ruandischen Autorin Scholastique Mukasonga, deren bitteren Roman der afghanische Schriftsteller und Filmemacher adaptiert hat. Eine Art und Weise für ihn, daran zu erinnern, dass die Tragödie von Asien bis Afrika universell ist. Und dass der Gott von Notre Dame du Nil machtlos ist, sie zu verhindern.