Days of Cannibalism
Regie: Teboho Edkins, Lesotho 2021/2020, OmeU, 79min, keine FSK
Filmreihe: Tage des indigenen Films
Im abgelegenen Osten des von Südafrika umschlossenen Königreichs Lesotho bestimmt die Viehzucht das kulturelle Leben der Basotho. Sie bezeichnen Kühe als Götter mit feuchten Nasen, denn die eigene Herde bestimmt die soziale Position und sichert das Auskommen. In den letzten Jahren steigen chinesische Händler*innen und Unternehmer*innen in den Viehhandel ein, eröffnen Geschäfte und schaffen Jobs in den Fabriken. Eine neue Form des Wirtschaftens steht neben der alten. Die Hirten beklagen, dass die Chinesen nicht mit dem Vieh umzugehen wüssten. Warum zeigen es ihnen die Basotho nicht und lernen dafür, wie man Läden eröffnet, fragt der Radiomoderator, den das Filmteam auf das Zusammenleben zwischen ihnen anspricht. Doch die Verständnislosigkeit füreinander sitzt tiefer. Der Unmut über die Verschiebung der Machtstrukturen drückt sich in permanenten Spannungen zwischen den Gruppen aus, die in Gewalt umschlägt.
Days of Cannibalism spielt mit der Ästhetik des Westerns. Die beeindruckende Kulisse der Berge Lesothos ist die Prärie, in der die Pionier*innen des kapitalistischen Wirtschaftens auf die Vertreter*innen der traditionellen Lebensweise treffen. Doch hinterfragt der Film durch die Nähe zu seinen Protagonist*innen die Gegenüberstellung der Guten und der Bösen, die in dem Genre angelegt ist.
Regisseur Teboho Edkins, der selbst überwiegend in Lesotho aufgewachsen ist, freundete sich mit einem chinesischen Händler an und baute über vier Jahre ein Vertrauensverhältnis zur Community auf. Sie sind die Gesichter der Globalisierung im Hinterland und führen selbst ein Leben geprägt von Einsamkeit, Anspannung und der Hoffnung auf Erfolg. Days of Cannibalism arbeitet ohne Kommentar und weicht von klassischen Erzählformen ab. Edkins Filme sind Hybride zwischen Dokumentation und Spielfilm, in denen Szenen des kulturellen Wandels eingefangen oder nachgestellt werden.
Mit Vorfilm:
The Orphanage
Regie: Teboho Edkins, Frankreich/Deutschland/Südafrika 2020, 9 min, OV, keine FSK
In den schier unendlichen Weiten Lesothos existiert ein buddhistisches Waisenhaus. Der Film dokumentiert einen Tag der dort lebenden Kinder und gibt Einblicke in sich verschiebende Machtverhältnisse und moralische Wertesysteme.