The Orphanage - Parwareshgah
Regie: Shahrbanoo Sadat, Afghanistan/Tadschikistan/Dänemark/Fkr./Luxemburg 2019, 90 min, OmU (Dari/Russisch/ Hindi-Urdu), keine FSK
Ende der 1980er Jahre waren Bollywoodfilme der letzte Schrei in Kabul, weshalb sich der 15-jährige Qodrat, der sonst auf der Straße lebt, etwas dazu verdienen kann, wenn er die Kinotickets auf dem Schwarzmarkt verkauft. Am liebsten guckt er sich die Filme selbst an, denn in seiner Fantasie träumt er sich selbst in die Filme hinein. Als er bei seinen Geschäften von der Polizei erwischt wird, kommt er ins Waisenhaus, was nicht das Schlimmste ist, was ihm passieren konnte. Zwar ist er seiner Freiheit beraubt und muss sich mit der Hackordnung im Heim rumschlagen, doch findet er auch neue Freunde, bekommt regelmäßig warme Mahlzeiten und Russischunterricht. Die Sowjetunion besetzt seit geraumer Zeit Afghanistan. Einige der Jungen haben sogar die Gelegenheit ein russisches Ferienlager zu besuchen, Schach zu spielen und die Liebe kennenzulernen. Doch in die Idylle bricht die Gewalt des Krieges hinein. Der Zusammenbruch der Sowjetunion zeichnet sich ab und die Mudschaheddin erlangen die Macht in Afghanistan. Im Nachhinein wirkt die Zeit der Sowjetherrschaft in Afghanistan wie ein nostalgischer Traum, in der Form eines Bollywoodfilms …
Die Filmemacherin Shahrbanoo Sadat wurde 1991 als Tochter afghanischer Geflüchteter in Teheran geboren und zog als 11-Jährige in ein Dorf Zentralafghanistans, in dem es für Mädchen nicht die Möglichkeit gab eine Schule zu besuchen. Das Großstadtleben Teherans gewohnt blieb sie im Dorf eine Außenseiterin. 18-jährig zog Sadat nach Kabul, wo sie erste Erfahrungen als Dokumentarfilmerin sammelte. Im Alter von 20 Jahren trat sie die Cannes’ Cinéfondation Residence an und wurde in Paris zur Filmemacherin ausgebildet. Kurz darauf gründete sie ihre eigene Produktionsfirma und produzierte ihren ersten Langfilm Wolf and Sheep (2016) selbst. Sie gewann mit ihm den Directors' Fortnight Preis in Cannes. The Orphanage ist nach Wolf and Sheep der zweite Film einer geplanten fünfteiligen Reihe, in der sie über ihre eigene Jugend reflektiert und gleichsam die Tagebücher ihres engen Freundes Anwar Hashimi verarbeitet, der in dem Film auch in einer Nebenrolle zu sehen ist.