Ich & Orson Welles
Regie: Richard Linklater, GB 2008, 109 min, DF, FSK 6
Mitte der 1930er Jahre befindet sich der New Yorker Theatre District in Manhattan in seiner Blütezeit. Unter den vielen hoffnungsvollen Talenten, die sich in jener Zeit auf den Bühnen tummeln, ist der gerade 22 Jahre alte Schauspieler und Regisseur Orson Welles, Gründer des legendären Mercury Theatre, das sicherlich vielversprechendste Talent und bereits jetzt eine kleine Legende, deren Durchbruch nur noch eine Frage der Zeit ist. Wie die Geschichte weiß, wird die bevorstehende Inszenierung von Shakespeares’ Julius Cäsar der Ausgangspunkt des unaufhaltsamen Aufstiegs von Welles sein. Und genau hier setzt die Story ein, die Richard Linklater in seinem Film mit leichter Hand und viel Charme auf die Leinwand bringt. Obwohl Orson Welles erst am Anfang seiner Laufbahn steht, ist er doch bereits ein Tycoon und Theatertyrann wie aus einem Hollywood-Film – gleichwohl einer mit Eloquenz, Charme und unübersehbarem Charisma. Linklater zeichnet den Regisseur als einen notorischen Schürzenjäger, dessen Genialität lediglich von seiner Rücksichtslosigkeit übertroffen wird. Beseelt von seiner künstlerischen Vision und der festen Überzeugung, mit seiner Inszenierung Bahnbrechendes zu schaffen, kennt Welles weder Loyalität noch moralische Skrupel und treibt seine Truppe mit fiesen Tricks und der Bestimmtheit eines Diktators zu immer neuen Höchstleistungen an. In den Bann des gewieften Verführers gerät auch der 17-jährige Richard Samuels, dessen darstellerisches Talent von Welles sofort erkannt wird. Für Richard beginnt die vielleicht aufregendste Zeit seines Lebens: Durch die Begegnung mit dem reinen Genius fühlt er sich in seinen eigenen künstlerischen Ambitionen bestätigt. Und zum Rausch des Applauses auf der Bühne gesellen sich die Freuden der ersten Liebe. Beides wird zwar nicht von Dauer sein, doch die Zeit mit Orson Welles gibt ihm eine Ahnung davon, wie das Leben sein kann.